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Viele Unternehmen nutzen für ihre Markenpositionierung Modelle wie den Brand Key oder das Markensteuerrad. Weitere bildliche Modelle sind die Markenpyramide, der Diamant oder der Leuchtturm.

Sie enthalten in der Regel Elemente wie z. B. funktionale und emotionale Benefits, Werte und Persönlichkeit sowie differenzierende Faktoren, die „Reasons To Believe“, die Markenessenz und das Wettbewerbsumfeld. Im Idealfall bilden Consumer Insights das kundenorientierte Fundament der Marke.

Aber sind diese Modelle in den Zeiten der Digitalisierung noch zeitgemäß? Denn auch alteingesessene Marken sind gefordert, sich den flexiblen Anforderungen des Marktes anzupassen.

Annette Bruce und Christoph Jeromin beschreiben in Ihrem Buch „Agile Markenführung“ (Springer Gabler 2016), wie Marken trotz der Schnelllebigkeit der Märkte langfristige Marketing-Positionierungen halten und entwickeln können. Wir haben zentrale Punkte für Sie zusammengestellt:

Markenpositionierung in dynamischen Märkten

Marken haben weiterhin für Anbieter und Nachfrager einen hohen materiellen und vor allem immateriellen Nutzen. Sie bieten für Kunden ein bestimmtes Markenversprechen und geben Orientierung. Darüber hinaus verkörpern sie einen Qualitätsindikator, der Vertrauen bietet. So können Kunden sich mit der Marke identifizieren und Status signalisieren.

Dies bedeutet, dass Marken eine wichtige Wertschöpfungsfunktion besitzen, die aus der Beziehung zwischen Anbieter und Kunde entsteht. Damit geht es nicht nur um eine konzeptionelle Basis für die Kommunikation und Werbung. Doch Marken sehen sich neuen Herausforderungen ausgesetzt, denn sie befinden sich in einem Spannungsfeld zwischen Kontinuität und Dynamik.

Marken im Spannungsfeld Kontinuität und Dynamik

Auf Seiten der Kunden, des Wettbewerbs und der Marketingmittler ergeben sich zahlreiche Veränderungen.

Multioptionale Kunden

Zum einen entwickeln sich Kunden über den hybriden Kunden zum multioptionalen Kunden. Der hybride Kunde strebt z. B. als Smart-Shopper ein optimales Preis-Leistungs-Verhältnis an. Er zeigt verschiedene, aber recht stabile Verhaltensweisen. Im Gegensatz dazu verhält sich der multioptionale Kunde instabil und variierend. Ein Zeichen dafür sind z. B. die vielfältigen Ernährungsstile.

Darüber hinaus demokratisieren sich Marken, denn sie geben ihre Kommunikationshoheit auf. Dabei verstärken soziale Medien die Mundpropanda positiv und negativ. Bewertungsportale gleichen den Informationsstand über Produkte und Qualität zwischen Anbietern und Kunden an.

Weiterhin haben Marken die Möglichkeit, User und Kunden in den Produktentwicklungsprozess mittels Co-Creation direkter einzubinden. Außerdem nutzen Kunden Marken im Netz als Teil einer persönlichen Selbstdarstellung.

Differenzierung des Wettbewerbs

Der Wettbewerb differenziert sich zusehends und statt Angebote in einer Branche zu betrachten, erfordert es einen übergreifenden Blick auf die Verbindungen zwischen Kundenbedürfnisse und Angebotslösungen – Beispiel: Amazon hat Karstadt als Lieblingskaufhaus der Deutschen abgelöst.

Handelsmarken bieten ein ausdifferenziertes Sortiment mit „Value-for-Money-Marken“. Sie verbinden das Qualitäts- und Imageversprechen höherpreisiger Marken mit einem attraktiven Preis. Anbieter wie mytaxi bilden disruptive Geschäftsmodelle, die einen direkteren Kontakt zwischen Fahrern und Nutzern erlauben.

Dazu kommen Social Commerce und Share Economy-Plattformen, die vielen, auch privaten Nutzern erlauben, Ihre Angebote am Markt zu vertreiben.

Verschmelzung der Vertriebskanäle

Die komplexe Medienlandschaft der vielfältigen neuen Online-Kanäle erschwert die Option, mit Hilfe von einseitiger Massenkommunikation eine starke Marke aufzubauen. Mit Content-Marketing stellen Unternehmen nutzbringende Inhalte ein, die den Dialog mit den Kunden ermöglichen.

Vertriebskanäle verschmelzen: Unternehmen bieten zunehmend on- und offline an, Kunden springen zwischen beiden Kanälen hin und her oder nutzen Sie parallel.

Markenpositionierung – neu definiert

Was bedeutet dies für die Markenpositionierungs-Modelle? Die Autoren formulieren das Risiko, dass Brand Keys sehr viele Facetten beinhalten und damit unübersichtlich werden. Es stellt sich auch immer die Frage nach der Umsetzbarkeit. Denn es ist nicht immer klar, wie das Management abstrakte Begriffe wie z. B. Innovation, Qualität oder Service in konkrete Handlungsmaßnahmen übersetzen kann. Es stellt sich die weiterhin die Frage, wie sich ein langfristig ausgerichtetes Markenmodell den kurzfristigen Strömungen flexibel anpassen kann.

Der Brand-Market-Connector als der neue Brand Key?

Die Autoren stellen ein neues Positionierungsmodell vor, das weniger komplex ist. Sie nennen es den „Brand-Market-Connector“. Dieser wird in der agilen Markenführung eingesetzt. Dabei ist kennzeichnend, dass das Modell ein Gleichgewicht aus Planen und Handeln sowie aus Kontinuität und Veränderung anstrebt.

Zu agilen Markenführung gehören neben Flexibilität, adaptiver Planung und schneller Abstimmung:

  • “Non-Negotiables“ – Hier wird die Markenpositionierung in zugängliche und unternehmensweit gültige Prinzipien übersetzt, die die Handlungsorientierung der Markenführung erhöhen soll.
  • Kontinuierliche Feedbackprozesse – Sie sind das Frühwarnsystem der Markenführung und ermöglichen eine Anpassung des Marketing Mix oder ggf. der Markenstrategie.
  • Marktintelligenz – Sie umfasst fundierte Informationen zu allen Marktakteuren und externen Einflussfaktoren.

„Brand-Market-Connector“.

Das Modell der Autoren umfasst im Kontrast zum ursprünglichen Brand Key nur noch drei zentrale Elemente:

1. Deliverability – Was ist das verpflichtende Leistungsversprechen am Markt? (Unternehmensperspektive)

2. Desirability – Welche Bedürfnisse erfüllt die Marke? Was stiftet Attraktivität und Identifikationspotenzial?
(Kundenperspektive)

3. Differentiation – Wie differenziert sich die Marke nachhaltig im Wettbewerb? (Wettbewerbsperspektive)

Das Ziel ist es, mit diesen drei Elementen die Redundanz der bestehenden Positionierungsmodelle zu reduzieren. Außerdem, so die Autoren, tragen Marken der Komplexität der vernetzten Märkte stärker Rechnung.

Das zentrale Element bildet dabei weiterhin die Kundenperspektive. Damit wird die Rolle der Marktforschung für die Zukunft gestärkt. Denn qualitative Insights über die Bedürfnisse der Kunden werden weiterhin eine zentrale Rolle spielen. Kontinuierliche Feedback-Prozesse über Kunden, Wettbewerber und Unternehmen erfordern die Messung von Zufriedenheit und Markenwahrnehmungen in verschiedenen Dimensionen.

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